Michael Nassal und Heinz Schaller erforschen am Heidelberger Centrum für Molekularbiologie fundamentale Wirkungsmechanismen im Reproduktionszyklus des seltenen Erregers - nicht zuletzt mit Blick auf neue therapeutische Konzepte. Lebt ein Erreger? Ausserhalb einer Kammer weisen sie keine Lebenszeichen auf und sind nur komplizierte statistische Molekülstrukturen - ein Teil einer fest verpackten genetischen Information.
Allerdings werden nach dem Eindringen in eine entsprechende Wirbelsäulenzelle die im Virenpartikel gespeicherten Informationen aktiv, um die Zellmaschinerie für die Vermehrung und Proliferation zur Erzeugung von Virusnachkommen neu zu ordnen. Die Viren entsprechen durch Vermehrung dem grundlegendsten aller Kriterien des Lebens. Das Virus nutzt nahezu alle unabhängigen Lebewesen von den einfachsten Bakterien bis hin zu den Organismen des Menschen als Wirte.
Zu diesen Viren zählt das HBV-Virus (Hepatitis B), mit dem etwa fünf Prozentpunkte der Weltbevölkerung krankheitsbedingt erkrankt sind, geografisch gesehen in Südostasien, Südafrika und Südamerika auffällig. Die HBV zählt zu einer Serie von leberspezifischen Viren, die zu einer Entzündung des Zentralstoffwechsels führen und unterschiedliche Ausprägungen aufweisen. Zusätzlich zur akute, größtenteils selbstheilende Hautentzündung kommt es in fünf bis zehn Prozentpunkten zu einem Chronifizierungsprozess; wird ein Neugeborenes während der Entbindung mit seiner Schwiegermutter angesteckt, erhöht sich die Eintrittswahrscheinlichkeit auf 90-prozentig.
Bei der chronischen Hepatitis B kann es neben der Leberzirrhose, bei der funktionelle Lederzellen immer mehr durch Fettgewebe verdrängt werden, auch zu einer Leberkrebserkrankung kommen, die in einigen Teilen der Welt die gebräuchlichste Form von Krebs ist. Denn im Gegensatz zu vielen herkömmlichen Impfstoffen enthalten sie keine kompletten Virenpartikel als Wirkstoff, sondern nur ein HBV-Hüllprotein.
Dabei ist die ursächliche Behandlung einer vorhandenen Entzündung extrem schwierig: Aufgrund der engen Verbindung zwischen Virusinfektion und Wirtszelle besteht ein krebsähnliches Problemfeld darin, die viralen und virusinfizierten Körperzellen gezielt anzusprechen, ohne den Organismus des Wirtes zu beschädigen. Darüber hinaus entwickeln Viren oft eine große Veränderlichkeit in der Abfolge ihres Erbmaterials, so dass therapeutisch resistente Variationen entwickelt werden können.
Mit Interferon-a kann ein bestimmter Behandlungserfolg bei der Therapie der Hepatitis B erzielt werden. Im Gegensatz zu echten Lebewesen vervielfältigen sich Viren nicht durch Wachstum und Teilung. In ihren Molekülen sind daher nicht nur die Signale für die Proliferation des Virusgenoms und der anderen Bestandteile des Virenpartikels zu finden, sondern auch die Informationen, um die einzelnen Bestandteile selbstständig oder mit Hilfe von zellulären Zusatzfaktoren zu neuen Virenpartikeln zusammenzusetzen.
Aufgrund der extrem kleinen Anzahl von Genprodukten, die in seinem Erbmaterial kodiert sind, verfügt HBV über ein handhabbares Modelsystem zur Untersuchung von grundlegenden biologischen Prozessen. Um dies auszugleichen, hat das Genvirus eine Vielzahl von ausgeklügelten Verfahren zur hocheffizienten Verwendung seiner genetischen Informationen auf den Weg gebracht. Bei Virions, der ansteckenden exzellulären Variante des Vaters, ist das Erbmaterial in der uns vertrauten Variante der DNA-Doppelhelix nur teilweise vorhanden:
Lediglich einer der beiden Späne ist komplett präsent und wird auch durch eine mechanische Verbindung mit dem Virus "P-Protein" verbunden, das für die Proliferation des Virengenoms notwendig ist. Virusinfektionen sind im Therapieserum von Patienten mit Hepatitis B nachzuweisen, ebenso wie die im großen Überschuss entstandenen Leerhüllen, deren serologische Erkennung - als "HBs-Antigen" - ein bedeutender Diagnosemarker ist.
Sie sind für das Abwehrsystem ähnlich wie Viren; dies ist auch die Grundlage für die Nutzung der genetisch veränderten HBs-Ag als Vaccine. Die virale Genom, zusammen mit dem P-Protein, ist in einer robusten Kapsel aus Kapsidprotein untergebraucht. Das " Nukleokapsid " befindet sich in einer Außenhülle, die aus Wirtszellmembranen mit eingebetteten Virushüllenproteinen zusammengesetzt ist. Die Infektionszyklen aller Viren sind durch eine Reihe von spezifischen Teilschritten charakterisiert, in denen Virus- und Hostmoleküle interagieren.
Die HBV ist bei der Selektion ihrer Wirtszellen extrem selektiv; sie entnimmt nur Leberstäbchen von Menschen und der Schimpanse. Durch molekularbiologische Kunstgriffe ist es auch möglich, neue Einblicke in einfacher zu handhabende Zelllinien zu erhalten, vor allem aber in der späten Nachzuchtphase. In Bezug auf die Anfangsschritte ist klar, dass das Virusinfektion die Leberenzelle durch ihr großes Hüllprotein wiedererkennt, das an einen lebensspezifischen Empfänger anhaftet.
Vor kurzem wurde jedoch ein Rezeptormolekül für das zugehörige Entenhepatitis-B-Virus (DHBV, "Entenhepatitis-B-Virus") identifiziert, das als bedeutendes Transportsystem fungiert. Mit den Schritten nach dem Eindringen in die Zellen soll das virale Genom für die zelluläre Vorrichtung zur Vervielfältigung und Ausprägung viraler Genprodukte erschlossen werden. Die virale Nukleinsäure wird aus dem Capsid gelöst, in den Zellenkern befördert und in ein vollständig doppelläufiges kreisförmiges DNA-Molekül (cccDNA) überführt.
Dadurch werden die Grundlagen für die Entwicklung von neuen Virusgenomen geschaffen - aber wie werden sie multipliziert? Analog zu retroviralen Erkrankungen, wie z.B. HIV, nutzt HBV den ungewohnten Weg der umgekehrten Übertragung (siehe Glossar). Normalerweise fungiert die DNA als Kopiervorlage für RNA-Kopien, aber hier wird der Prozess umgekehrt: Eine der virusbedingten DNAs wird wieder zur DNA.
Dies erfordert eine spezielle "reverse Transkriptase", die als HBV P-Protein bezeichnet wird. Der so genannte RNA-Preform formt zusammen mit ihren beiden Gensubstanzen zunächst ein neuartiges virales Kapsid; in ihm erfolgt die umgekehrte Übertragung. Durch die Interaktion mit den Proteinen der Virushülle treten die Capside schliesslich in ein internes Zellfach ein, von wo sie als eingehüllte Viren aus der Zellmembran entfernt werden.
Der Schritt vom Aufbau des Nucleokapsids über die Rücktranskription bis zur Absonderung der gesamten Viren gehört zu unseren Schwerpunkten. Virenkapside beschützen das Virengenom vor Schäden außerhalb der Zellen und sind am Transfer des Virengenoms zu den einzelnen Abteilungen innerhalb der Wirbelzelle beteiligt. Von dort aus werden sie in die einzelnen Abteilungen transportiert. ¿Wie gelangt die rechte Virus-RNA in das Capsid?
Wie ist die umgekehrte Abschrift, ohne die sich kein DNA-Genom aus der RNA entwickeln kann, verpackt? Weil die virale RNA nur einen kleinen Teil der Moleküle der RNA in der Zellmembran ausmacht, muss es einen sehr speziellen Mechanismus zur Erkennung der richtigen Virus-RNA gibt. Die " nackten " Virengenome können im Experiment mit der Transformation in die kultivierbaren Zelllinien eingebracht werden und so Nachwuchsviren ohne Ansteckung mit kompletten Viruspartikeln auslösen.
Die eingebettete spezielle Nukleotidsequenz macht das Genom von zellulärer RNA abgrenzbar. Die P-Proteine erfassen das Eingangssignal. Zuerst werden die Kapsid- und P-Proteine durch das RNA-Präsenom übersetzt, das Endprodukt verbindet sich mit dem Packungssignal, und die Kapsid-Protein-Untereinheiten binden sich an den Gesamtkomplex, bis ein verschlossenes Nukleocapsid gebildet wird. Es ist ein ausgeklügeltes, einfaches Verfahren, das die simultane Verpackerung des viralen Genoms und des für die umgekehrte Übertragung benötigten Enzyms sicherstellt.
Bei der reversen Übertragung des RNA-Prämonoms muss das HBV-P-Protein auch das RNA-Prämonom erreichen. Die " Bubble " innerhalb der E-Struktur dient dem Ferment als Vorbild für ein kleines ergänzendes Stück DNA ( "Primer"), das an das P-Protein bindet und an eine bestimmte Position am anderen Ende der RNA aufsteigt. Dies zeigen die neuesten Ergebnisse mit dem zugehörigen DHBV-P-Protein, das in aktivem Zustand, wenn auch in extrem kleinen Konzentrationen, isoliert werden kann.
Für seine Tätigkeit benötigt er unter anderem das Hitzeschockprotein Hsp90, das zu einer Gruppe von Eiweißstoffen zählt, die zunehmend in hitzebelasteten Körperzellen vorkommen. Diese Falthilfen ("Chaperone") hindern dort, aber auch in der Normalzelle, die Verklumpung unvollendeter gefalteter Eiweiße zu struktur- und funktionsunfähigen Gesteinskörnungen. Wir konnten mit dem Modelsystem nachweisen, dass die Anbindung des E-Signals an das P-Protein die RNA-Struktur drastisch verändern wird.
Zweitens haben wir isolierte synthetische RNA-Sequenzen, die an das P-Protein gebunden sind, aber nicht in die DNA kopiert werden können; solche MolekÃ?le können als Hemmstoffe der Virusproliferation fungieren. Die umhüllten Viren verfolgen das gleiche Funktionsprinzip, aber hier ist die Ladung nicht aus einer für die Zellen brauchbaren Substanz, sondern aus dem Virenkapsid aufgebaut. Ähnlich wie die sekretorischen Zellproteine starten die Hüllenproteine der Virus art Hepatitis B ihre Wanderung von der Zelloberfläche im endplasmatischen Netz.
Im Gegensatz zu den meisten Zellproteinen werden die Proteine jedoch während ihrer Migration vor der nächsten Haltestelle, dem Golgi-Apparat, als verschlossene Hülle im Inneren des Abteils miteinander verbunden, von wo aus sie mit Hilfe der grösseren zellularen Transportblasen nach aussen, d.h. im Fall der körpereigenen Leberversorgungen ins Blutsystem, transportiert werden können.
Ausgehend von Capsid werden die Leervirenhüllen erstellt, mit Capsid-Vollviren. Auch HBV arbeitet mit einer größtmöglichen genetischen Ökonomie: Die "preS-Region" des Großhüllenproteins ist nicht nur für die Anbindung des Zellrezeptors, sondern auch für die Beschichtung des Capsids verantwortlich.
Dagegen ist die Struktur nahezu aller zellulÃ??ren Membranproteine klar umrissen - aus guten GrÃ?nden, denn Verwechslungen zwischen Drinnen und DrauÃ?en können tödliche Auswirkungen auf die Zellen haben. Denn nur das vielschichtige Zusammenwirken der Virus-Bausteine miteinander und mit den Zellfaktoren garantiert die Entwicklung von neuen infektiösen Viren. Es werden die Beteiligten auf der Virenseite bestimmt, und die bedeutende Funktion einiger der Zellpartner wird anerkannt, andere werden sicherlich nachziehen.